Neue Wege geht das Museum in Breitscheid-Erdbach seit seiner Wiedereröffnung. Zwar stehen weiterhin die Dauerpräsentationen im Mittelpunkt, zu denen vor allem die Fossilien aus der Devonzeit und die Originalfunde aus keltischer Zeit vor 2500 Jahren gehören. Sie stammen alle aus der unmittelbaren Umgebung, sind dennoch von großer regionaler Bedeutung.
Das zweite Standbein des „Erdbachiums“, wie das Museum jetzt heißt, sollen wechselnde Sonderausstellungen werden. Derzeit ist es dabei, sich zu einem Anlaufpunkt erster Güte für Modellbahner und –bauer zu entwickeln.
Schon seit Ende März zeigt der Driedorfer Karl-Heinz Schwarze seine Module, auf denen er exakt Szenen der einstigen Westerwald-Querbahn nachgebaut hat. Im Mittelpunkt stehen der Bahnhof und die Gleisanlagen seines Wohnortes, wie diese um 1960 aussahen.
Jetzt kommt ein weiteres Thema hinzu, ebenfalls im Maßstab 1:87 und mit starkem Bezug zu unserer Heimat. Lastzüge heimischer Speditionen baut seit über dreißig Jahren Klaus Dieter Bott nach. Von der Lackierung über die Schriftzüge auf den Planen, Koffern und Tanks bis zu den Nummernschildern stimmen sie exakt mit dem großen Vorbild überein. Knapp einhundert seiner Glieder- und Sattelzüge stellt der Medenbacher ab dem 5. Mai im Erdbachium aus. Derzeit sind es vor allem welche der Speditionen Kubo (Breitscheid) und Waldschmidt (Dillenburg).
Ein kleines Hafendiorama fügt der junge Breitscheider Finn Luca Klein zur Ausstellung bei.
Öffnungszeiten:
Jeweils am ersten und am dritten Sonntag im Monat zwischen 14 und 17 Uhr.
Der Fahrbetrieb der Mini-Züge beschränkt sich auf den ersten Sonntag.
Eintrittspreise:
2 Euro, reduziert 1 Euro.
Geschichte des Museums
Ausstellung zur Erd- und Vorgeschichte
Am 11. September 1972 wurde die von den heimischen Heimatforschern Willi Hofmann und Heinz-Carl Bender eingerichtete Ausstellung zur Erdgeschichte und Vorgeschichte im Erdbacher Dorfgemeinschaftshaus in die Obhut der damaligen Gemeinde Erdbach übergeben.
Die beiden Gründer hatten sich zum Ziel gesetzt, in dieser Ausstellung die interessanten Funde aus unserer Heimat auf geologisch-paläontologischem und vorgeschichtlichem Gebiet in verständlicher Form darzustellen. Bei der Beschaffung und Auswahl der Ausstellungsstücke wurden sie unterstützt von der Arbeitsgemeinschaft „Karst und Höhlen in Hessen“ und deren damaligen Vorsitzenden Dr. Homann, zugleich Direktor des Naturkunde-Museums Dortmund. Ohne dass es allseits bekannt war, ist Erdbach schon lange in wissenschaftlichen Kreisen ein Ort, mit dem man sich beschäftigten musste. Die Bevölkerung kennt schon lange die geheimnisvollen Steinkammern im Rolsbachtal und andere Höhlen in der Gemarkung. Der Archäologe Oberst von Cohausen veranstaltete im Jahr 1884 Ausgrabungen in der Kleinen Steinkammer, die eine späthallstattzeitliche Bestattung (600 bis 500 Jahre vor Christus) zutage förderte.
Es handelte sich um vier Erwachsene und ein Kind. Daneben wurden einmalige Grabbeigaben gefunden, darunter der berühmte „Erdbacher Wendelhalsring“ aus Bronze mit doppelter Wendelung. Diese Funde wurden nach Wiesbaden verbracht und sind dort im Hessischen Landmuseum Landesmuseum zu sehen. Nachbildungen sind jedoch auch im Museum ausgestellt.
Die Große Steinkammer ist noch nicht ausgegraben worden. Die Kulturschicht liegt unter mächtigen Kalkblöcken , die heruntergestürzt sind und früher die Höhlendecke bildeten. Dr. Pachali vom Amt des Hessischen Landesarchäologen ist der wohl begründeten Ansicht, dass dort die Reste des Neandertalers zu finden sind, da der Fundort typisch dafür ist.
Mit dem Kalkvorkommen im heimischen Raum beschäftigte sich schon 1889 Dr. Holzapfel von der Universität Jena und schrieb über den von ihm gefundenen Unterkarbon-Kalk („Erdbacher Kalk“, nicht zu verwechseln mit dem Massenkalk aus dem Devon-Zeitalter), eine gelehrte Abhandlung. Heute heißt eine ganze Zeitstufe in der wissenschaftlichen Fachsprache danach „Erdbachium“.
Später, 1963 bis 1965, bearbeitete Professor Dr. Krebs das große oberdevonische Korallenriff von Erdbach, Breitscheid bis Langenaubach und stellte ein Ringriff (Atoll) im subtropischen Devonmeer fest. Dazu kommen noch Besuche zahlreicher prominenter Wissenschaftlicher aus den Universitäten Berlin, Marburg, Gießen, Göttingen u.s.w., die sich mit den Karbon-Schieferschichten des „Fossilienschutzgebietes Homberg“ beschäftigten. Und 1973 waren Kulm-Forscher aus aller Welt bei einem internationalen Symposion in Erdbach. Ab 1966 begannen die Untersuchungen der „Arbeitsgemeinschaft Karst und Höhlen in Hessen“ über den unterirdischen Verlauf des Erdbaches, der bei Breitscheid im Kleingrubenloch verschwindet und nach einem unterirdischen Lauf von 1,5 km Luftlinie erst nach 14 bis 34 Stunden am Steinbruch in Erdbach wieder zutage tritt.
Zwar beschäftigte sich um 1900 schon der damalige Breitscheider Pfarrer Fritz Philippi mit dem Verschwinden des Erdbaches, aber erst die Höhlenforscher drangen tiefer in dieses Phänomen ein und ihre Untersuchungen ergaben letztendlich, dass die Erdbachhöhle“ mit 102,5 Metern Tiefe die 3.größte Höhle in Hessen und die tiefste Höhle nördlich der Alpen ist. Im ganzen Einzugsbereich des Erdbaches stieß man auf geologisch interessante Sinter- und Karsterscheinungen sowie auf Dolinenbildungen. Leider werden immer wieder die Dolinen („Erdlöcher“) mit Abfall und Unrat gefüllt, was nicht nur ihre Funktionsweise stört, sondern auch eine erhebliche Umweltbelastung und sogar unter Umständen eine Gefährdung der tiefer liegenden Trinkwasserquellen darstellt.
Die Höhlenforscher haben inzwischen die „Stollenhöhle“ erforscht und darin Höhlenbärknochen und -zähne gefunden. Nebenher liefen wissenschaftliche Arbeiten im „Fossilienschutzgebiet Homberg“, wo Studenten ihre Diplom-Arbeiten betrieben. Dabei fand man u.a. den Abdruck eines Haifischzahns. Professor Dr. Gerhard Hahn und seine Frau Renate aus Marburg untersuchten die „Trilobiten“ (Urkrebse) vom Homberg, einen Neufund nannten sie nach Erdbach „Liobole glabra erdbachnensis“.
Willi Hofmann konnte die Westerwälder Thonindustrie in Breitscheid bewegen, die in ihrer Braunkohlengrube „Phönix-Glückauf“ gefundenen Reste tertiärer Großtiere (alle über 25 Millionen Jahre alt) leihweise zur Verfügung zu stellen. Dabei handelte es sich um Überreste von Kohlentier, Krokodil, Nashorn und anderen Bewohnern des Sumpfmeeres.
In der Ausstellung sieht man weiterhin ziemlich alles, was damals vor ca. 350 Millionen Jahren im Erdbacher Urmeer lebte: Große Platten mit dem Leitfossil, der Posidonia-Muschel, Goniatiten , Seelilien, Pflanzenreste von Farnen, Schuppenbäumen und sehr große gut erhaltene Wohnröhrchen von Orthoceriden (Gradhörnern). Alle Funde werden durch zahlreiche Zeichnungen und Rekonstruktionen erläutert.
Sehr ausführlich sind Höhlengebilde ausgestellt, wie Tropfsteine, Sinterbildungen und Höhlenperlen. Aufschlussreich ist auch ein großes Profil durch die Ablagerungen in der Erdbacher Stollenhöhle, welches die Schichten im Zeitraum von 65.000 v.Chr. bis in die Zeit vor Christi Geburt zeigt. Dieses Profil stellt auch die Lagerstätte der Höhlenbärknochen dar, die man in dieser Höhle fand.
Die Ausstellung enthält aber auch die in der Gegend um Erdbach anzutreffenden Gesteine und Mineralien. Ein neuer Höhepunkt ist ohne Zweifel die erst am 01. November 1993 im hiesigen Karstgebiet gefundene Knochenbrekzie (Trümmergestein) mit einem fast vollständig erhaltenen Unterkiefer eines über 10.000 Jahre alten ausgewachsenen Höhlenbären. Auch dieser Fund konnte durch freundliche Unterstützung von Dr. Walter Tanke, derzeit Vorstands- Mitglied der Speläologischen Arbeitsgemeinschaft in Hessen, präpariert und konserviert werden. In Leihgabe des Naturkundlichen Museums Dortmund werden darüber hinaus Funde aus der Ölschiefergrube Messel bei Darmstadt gezeigt.
Im einzelnen sind folgende Abteilungen ausgestellt:
· Das Devonmeer (vor 400 Millionen Jahren) und seine Tierwelt
· Die Höhlen im Karst mit den Tropfsteinen und Sinterbildungen
· Das unterkarbonische Kulmmeer (vor ca. 350 Millionen Jahren) mit Fossilien vom Homberg
· Die Reste tertiärer Großtiere der Braunkohlezeit aus Breitscheid
· Kristalle, Gestein und Mineralien aus Erdbach und Umgebung
· Funde aus Erdbachs Vorgeschichte (Steinzeit, Hallstattzeit)
· Großes Originalprofil der Stollenhöhle mit der Fundstelle der Höhlenbärenreste
· Fossilien aus der einmaligen Fundstelle Grube Messel
· Seltene große geologische Einzelstücke
Auch die Arbeitsweise der Höhlenforscher, insbesondere bei dem neu entdeckten „Herbstlabyrinth-Adventhöhlensystem“, wird anschaulich vermittelt.
Es steckt viel Arbeit im Aufbau dieser sehenswerten Ausstellung. Willi Hofmann hat mit viel Liebe und Mühe und einem großen Sachverstand hier ein Werk geschaffen, das nicht nur in wissenschaftlichen Kreisen, sondern auch in den Schulen und bei vielen Besuchern Anklang gefunden hat. Das zeigen die Besucherzahlen, die sich von Jahr zu Jahr erhöhen.
Willi Hofmann war derjenige, der bereits im Herbst 1971 die Idee hatte, in Erdbach ein allgemeines Heimatmuseum einzurichten. Breits 1972 richtete er im Flur der ehemaligen Schule zehn einfache, selbst gebaute Schaukästen mit den Funden ein. Im Juni 1975 erhielten die Ausstellung um neuen Dorfgemeinschaftshaus unter der Trägerschaft der Gemeinde Erdbach einen würdigen Platz. Aus den Sammlungen von Willi Hofmann und Heinz-Carl Bender wurden die schönsten Fundstücke herausgesucht, neu präpariert und in wochenlanger Arbeit mit dem alten Bestand in die neuen Vitrinen übertragen.
Willi Hofmann leitete und betreute die Ausstellung aufopfernderweise bis zu seinem leider viel zu frühen Tod im Jahre 1985.
Danach übernahm Walter Winkel bis Mai 1992 die ehrenamtliche Betreuung und ab dieser Zeit oblag Manfred Thielmann diese Aufgabe.
Von 1997 bis 2015 wurde die Ausstellung vom Heimat- und Geschichtsverein Breitscheid (später Zeitsprünge e. V.) betreut.
Träger des Museums ist die Gemeinde Breitscheid.