Wer weiß noch, wer sich hinter dem Dorfnamen „Häwenersch“ verbirgt?
Name Ist Schall und Rauch, heißt es in Goethes „Faust“. Doch stimmt das nur bedingt, wenigstens was die Dorfnamen betrifft, denn diese haben viele Jahrzehnte, oft sogar Jahrhunderte überdauert. Der Name ist nach antiker Auffassung Kennzeichnung seines Trägers, die sein Wesen und die Weite seines Einflussbereichs kundtut. Wir wollen aber bei unserer Namensforschung in Erdbach bleiben, bei der Untersuchung der Dorfnamen. Woher kommen sie? Wer war Namenspate für diese oder jenen Namen? Fangen wir der Einfachheit halber bei mir an. Fragt in Erdbach jemand nach Gerd Werner, wird ihm vermutlich ein leichtes Achselzucken klarzumachen versuchen, dass man, zumindest auf Anhieb, diesen Mann nicht kennt. Wird nach „Hannese“ Gerd gefragt, kommt die Antwort zumindest bei alten Erdbachern sofort. Um diesen Dorfnamen zu ergründen, muss man einige Generationen zurückblicken. Mein Urururgroßvater hieß mit Vornamen Johannes, und die Koseform davon ist auch heute noch „Hannes“. So hieß auch schon mein Opa „Hannese Otto“. und so weiter.
Ähnliches trifft auf „Fritze“ Fritz zu, dessen Vater Fritz hieß, da war’s klar, dass der Sohn vom Fritz nur der Fritze Fritz sein konnte, auch wenn er Fritz Klein hieß. Oder nehmen wir „Christians“ Heinz. Der Urgroßvater war Christian Enners, und so übertrug sich dieser Name über Generationen auch auf den Onkel.
Beruf als Namensgeber
Ein typischer Dorfname nach dem Beruf des Namensinhabers ist „Schusterwinkels“ Hans. Hans Winkel war einer von zwei Schustern im Dorf, und so wurde zur Unterscheidung gegenüber anderen Winkels in Erdbach einfach der Beruf vorangestellt. „Vullwersch“ Oskar, hat seinen Dorfnamen seinem Opa zu verdanken. Der hatte den seltenen Vornamen Volpert, daraus wurde mundartlich später Vollwersch. Interessant die Geschichte, die sich um den Dorfnamen „Philippse“ abgespielt hat. In der Linie der heutigen Familie Hofmann gab es einen Philipp Werner. Dieser Philipp folgte Mitte des 18. Jahrhunderts seinem, ihm von den Franzosen in den Freiheitskriegen geraubten Pferd bis jenseits des Rheins. Von der Wache verfolgt durchschwamm er den Rhein und kam mit seinem Pferd glücklich wieder heim. Von diesem tapferen Philipp kommt der Dorfname „Philippse“.
„Wissebachs“ Erich heißt eigentlich Erich Moos. Dass er diesen Dorfnamen hat, ist für Erdbach bedeutungsvoll. Johann Jost Wissenbach war der erste waschechte Erdbacher Lehrer, der in dem Wohnhaus in der Breitscheider Strasse die Erdbacher Kinder unterrichtete (1807 bis 1838). Dieses Wissenbachs Haus hat dann der Großvater von Erich Moos, eben „Wissebachs Erich“ gekauft.
Schultheis und Scholles
Ein Schultheis bewohnte das Haus von Margret Holmann. Wandelt man diesen Namen in Dialekt ab, bekommt man den (Dorf) Namen „Schollese“, also fragen Sie in Erdbach nach. „Scholle- se“ Margret, und Sie werden fündig. Wer kennt nicht „Poste Erich“ in Erdbach? Nur die Herkunft dieses Namens, schreibt sich doch der Genannte Berns, konnte nicht mit Sicherheit ermittelt weiden. Und das, obwohl „Puste Maria“, die mit 94 Jahren älteste Einwohnerin Erdbachs, eben diese Namensträgerin ist. Sie meint, dass dieser Dorfname entweder aus einem früheren Postamt in diesem Hause oder aber von einer früheren Familie Post abzuleiten ist.
„Häwenersch“ Rudolf war im Dort alten bekannt. Sein Dorfname kommt von der Häfnerei, die in seinem Hause vor vielen Jahrzehnten untergebracht war. Soweit die Deutung einiger Erdbacher Dorfnamen. Den Ursprung anderer Dorfnamen habe ich trotz intensiver Nachforschungen leider nicht ermitteln können. Dabei sind diese Namen verwachsen mit dem Dorf – „Kantiges“ etwa oder „Bolsche“. Ob die Dorfnamen auch in 50 Jahren noch bekannt sind und benutzt werden, bleibt abzuwarten. Wünschenswert wäre es allemal.
Quelle: Zeitungsgruppe Lahn Dill, Autor: Gerd Werner, Erdbach