Das traurige Ende von Wilhelm Moos

Von GERD WERNER

Erdbach und Heiligenborn. Wilhelm Moos war einer von denen, die es im Leben nicht leicht hatten. Er musste sich sein ganzes Leben durchringen und immer hart für sein spärliches Brot arbeiten.
Schon in jungen Jahren verlor er bei einer Silvesterknallerei seinen linken Unterarm. Dass er trotzdem den Beruf des Schäfers und Kuhhirten ausüben konnte, zeigt, welch Kämpfernatur in Wilhelm Moos steckte. Nach Beendigung des Ersten Weltkrieges hatten die Dorfbewohner außer Kühen, Schweinen und Federvieh auch noch Schafe im Stall. Und Wilhelm war ein zuverlässiger Schäfer.
Schon um 6 Uhr in der Frühe stand er vor seiner Schäferhütte und trabte auf den Wald zu. Hier wollte er noch schnell zwei Raummeter Buchenholz spalten, ehe er zu Phillipse ging, die heute für sein Essen zuständig waren. Trotz seiner Behinderung war Wilhelm ein gesuchter Gelegenheitsarbeiter für die Dörfler.

Begehrter Schafspferch

Im Frühjahr wurde regelmäßig der Schafspferch (“Schoofspörrsch”) verlost. Dies bedeutete, dass sich ein Bauer den Pferch auf einen seiner Äcker stellen konnte. Wegen der Düngung war die Belagerung der Schafsherde auf seinem Acker sehr begehrt.
Nachts gegen 2 Uhr wurde der Pferch dann auf dem Acker umgeschlagen, die andere Hälfte sollte schließlich auch gedüngt werden.
Der Schäfer war dann, ähnlich dem Kuhhirten, bei dem Landwirt zum Essen zu Gast, der eben den Pferch auf seinem Acker stehen hatte.

Der Mensch braucht ein Plätzchen ……

An der Schäferhütte stand der schöne Spruch: “Der Mensch braucht ein Plätzchen, und wär´s noch so klein, von dem er kann sagen, sie hier, das ist mein. Hier leb ich, hier ruh ich mich aus. Hier ist meine Heimat, hier bin ich zu Haus.”
Um 10 Uhr war Wilhelm dann nach seinem ausgiebigen und verdienten Frühstück wieder bei seinen Schäfchen, um auf die Weide zu fahren.

Badende Schafe

Mitte Juni war für die Schafe eine besondere Zeit. In Anbetracht der bevorstehenden Sommerhitze wurden sie ihrer Wollkleider “beraubt”. Wilhelm zog dann mit seiner ihm anvertrauten Herde zum Heisterberger Weiher. Dort warteten bereits die Besitzer der Schafe, die die Schafe im “Badewasser” reinigten.
Die Männer sollen zwischendurch auch schon hin und wieder in die Jackentasche gegriffen haben, um sich an einem Doppelwachholder zu laben.
Alle an der Schafswäsche Beteiligten feierten anschließend in der Gaststätte bei Ruppert´s Anna in Gusternhain. Die Kinder bekamen auch manches Glas “Quatsch”, eine Himbeerlimonade, ab.
Wilhelm fuhr unterdessen mit seiner Herde auf seine Weide. Am nächsten Morgen zog er dann ins Dorf, wo die Schafbesitzer bereits die Wagenleitern aufgebaut hatten. Daran wurden die Schafe dann an den Füßen festgebunden, damit sie bei der Schur ruhig blieben.
Auf der “nackten Haut” wurden die Schafe dann gekennzeichnet, damit jeder wusste, wem welches Schaf gehört.
Die Wolle sponnen die Frauen dann an den dunklen Winterabenden in der Spinnstube und verarbeiteten sie dann zu Socken, Pullovern und anderen nützlichen Kleidungsstücken.
Später brachten die Dorfbewohner die Schafswolle zu einer Spinnerei nach Frohnhausen und erhielten dann gegen ein entsprechendes Entgelt fertige Wolle zurück.
Wilhelm war ein richtiger Naturbursche, der im Sommer und Winter seine morgendliche Reinigung am Dorfbach vollzog.

Trauriges Ende

Ende der dreißiger Jahre zog es Wilhelm dann einige Kilometer weiter nach Heiligenborn, um dort die Kühe zu hüten. Auch hier war er ein fleißiger Geselle, der für die Dorfbewohner vielseitig einsetzbar war.
Am 28. März 1945 kam dann der “Ammi” und die deutschen Soldaten warfen als Zeichen der Kapitulation ihre Waffen in die umliegenden Wälder.
Dies allerdings wurde Wilhelm Moos zum Verhängnis. Am 17. Juli 1945 trat er auf eine Tellermine. Von Wilhelm blieb nicht mehr viel übrig. Seine sterblichen Überreste wurden in einen schwarzen Brettersarg gelegt und mit dem Pferdewagen nach Erdbach überführt. Dort, in seinem Heimatort, fand er die letzte Ruhestätte.